Diese Woche hatte eine unserer Architektinnen ein unangenehmes Erlebnis bei der Besprechung für den Umbau eines Mehrfamilienhauses:
„Ich war super vorbereitet und habe die Pläne vorgestellt, und der Bauherr haut direkt dazwischen und sagt: „Also das überzeugt mich nicht.“ Dann lehnt er sich zurück … und ich … ich habe mich dabei ertappt, wie ich mich rechtfertigen wollte… obwohl ich wusste, dass der Vorschlag gut ist! Warum fühle ich mich in solchen Situationen so klein und hilflos?“
Eine gute Frage. Wir alle wissen, dass Kritik Alltag ist in der Baubranche. Im Architekturstudium wird man schon tiefgehend damit konfrontiert und darf sich ein dickes Fell angewöhnen (Stichwort: Den Entwurf „verteidigen“). Aber im alltäglichen Umgang in der Bauwelt, mit Menschen, die eigentlich alle dasselbe Ziel haben (sollten)? Da müssen wir einen anderen Weg finden, einen Weg ohne Rechtfertigung und ohne uns klein zu machen.
Zunächst mal eine kleine Analyse: Warum macht es den Eindruck, als ob Frauen sich von Kritik häufig härter getroffen fühlen?
Das liegt an folgenden Faktoren:
- Frauen neigen dazu, sich selbst stärker infrage zu stellen (hier im Blog gehe ich demnächst noch auf die sog. Attributionstheorie ein, die das erläutert)
- Erziehung und Sozialisation spielen eine Rolle. Für die kleinen Mädchen gilt auch heute noch oft: Sei nett, sei kooperativ, sei freundlich!
- Tatsächlich wird die Kritik an Frauen häufig persönlicher formuliert („Wirkt unsicher“, „Zu emotional“), während Männer eher fachlich kritisiert werden.
Die Reaktion unserer Architektin ist also voll verständlich. Aber auf der anderen Seite auch nicht hilfreich und nützlich. Denn: Kritik souverän anzunehmen, ist eine echte „Superkraft“, in echter Gamechanger.
Wie kann man das also schaffen souverän mit Kritik umzugehen?
1. Erst mal Durchatmen! Und Atmen! Und Atmen!
Durch Kritik geraten wir oft in eine Stresssituation, wie man an diesem Beispiel ja sehr gut erkennen kann. Und unter Stress reagiert unser Hirn eben anders….
2. Und jetzt – Achtung: Danke für das Feedback.
Ja, du hast richtig gelesen: Sag „Danke“ für das Feedback. Also Anerkennung des Gesagten statt reflexhafter Abwehr.
- „Danke für den Hinweis!“
- „Vielen Dank für Ihre Rückmeldung!“
Und dann, direkt danach, stellst Du eine Frage zur Klärung, z.B.:
- „Was genau meinen Sie damit?“
- „Haben Sie eine Alternative im Kopf?“
- „Was genau überzeugt Sie nicht?“
- „Könnten Sie das bitte noch weiter erläutern?“
Diese Fragen zwingen den Kritiker konkret zu werden – und oft entkräftet sich die Kritik an dieser Stelle schon selbst. Es wird auch schnell deutlich, ob die Kritiker an einem sachlichen Austausch interessiert sind oder nur „pöbeln“ wollen.
4. Damit kannst Du auch noch etwas Wichtiges unterscheiden, nämlich ob es sich um sachlich-konstruktive oder um unfaire Kritik handelt.
Sachliche Kritik kannst Du nutzen, um Deine Arbeit zu verbessern. Unsachliche Kritik lässt Du nicht heran und bleibst professionell.
5. Steh hinter Deinen Ideen
Der letzte Punkt: Wenn Du überzeugt bist, dann bleibe stark. Du kannst zum Beispiel sagen:
- „Ich habe diese Lösung sorgfältig durchdacht. Lassen Sie mich erklären, warum ich sie für die beste halte.“
Und diese klare Haltung steht einer sachlichen Diskussion ja auch nicht im Wege. Sondern ist Ausdruck Deiner Kompetenz.
Was ist das Fazit? Kritik ist kein Angriff – sondern eine Chance zur Klarstellung!
Die junge Architektin hat diese Technik getestet und war begeistert:
„Ich habe mich nicht sofort verteidigt, sondern zurückgefragt. Plötzlich hatte ich die Kontrolle im Gespräch – und am Ende stimmte der Bauherr mir sogar zu!“
Wie gehst du mit Kritik um? Hast du eine Strategie, die für dich funktioniert? Schreib es in die Kommentare!

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